Workshops und Seminare leben von aktiver Beteiligung und der Interaktion der Gruppe und der Einzelnen untereinander. Über verschiedene Sinneskanäle angesprochen werden, in unterschiedlichen Settings mit unterschiedlichen Methoden, das stärkt unsere Konzentration, regt unser Gehirn an zu lernen. In Präsenzformaten hatte ich mir wie viele Kolleg*innen über Erfahrung und in der kreativen Entwicklung ein großes Repertoire an Möglichkeiten erarbeitet, unterschiedlichste Gruppen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in ihrem Gruppenprozess erfolgreich zu aktivieren und die Kompetenz in der Gruppe für die Gruppe nutzbar zu machen. Anfang 2019 fand auch ich mich durch Corona sehr plötzlich in digitale Formate geworfen, was ich neugierig und offen anging, aber eben auch ohne vorher Kompetenzen aufgebaut zu haben. Nach fast 1,5 Jahren digitalen Supervisions- und Seminarformaten habe ich gelernt, wie es auch im digitalen Format gelingt, mit Menschen in Kontakt zu kommen und Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Nähe aufzubauen, eine vertrauensvolle Atmosphäre, die die Möglichkeit eröffnet, angstfrei Erfahrungen und Meinungen auszutauschen ist im digitalen Format schwerer – aber durchaus möglich. Wichtige Elemente sind Breakoutsessions in denen Teilnehmende in kleinen Gruppen zusammenarbeiten können. Dort wird die Autonomie wieder gestärkt, da es anders als in einer größeren Gruppe möglich ist ohne formale Moderation zu sprechen. Aufmerksam aufeinander zu achten und auch einmal ohne aufrufen zu klären, wer nun das Wort ergreift ist ohne Blickkontakt in einer größeren Runde eine große Herausforderung – aber mit Konzentration und Bereitschaft machbar. Und Nähe stelle ich auch im Präsenzformat nur zu einem kleinen Teil durch körperlich-räumliche Aspekte her. In erster Linie trägt dazu eine eigene Offenheit bei, die einen kleinen Moment größer als der Erwartungsraum der Teilnehmenden ist, sowie die Gelassenheit, Zeit und Raum für eigene Erfahrungen zu geben – Stille auch im digitalen auszuhalten ist noch herausfordernder, weil sie durch stummgeschaltete Mikros eine sehr absolute Stimmung ist – umso wirkungsvoller kann es sein, sie nicht sofort bannen zu müssen. Ein wichtiger Schritt für mich waren in digitalen Formaten zudem das Bildschirmfenster zu sprengen. Gerade bei kleinen Energizern und Warm-Ups auch den tatsächlichen Raum in dem die einzelnen physisch präsent sind zu nutzen, Bewegung und Körperwahrnehmung zu integrieren hat für mich dazu geführt, dass ein großes Manko des Digitalen in weiten Teilen ausgeglichen werden konnte. Anfangs blieb der Körper außen vor und wir wurden rein kognitive Wesen – aber langsam kehrt der Körper zurück, was für das ganzheitliche Lernen essentiell ist. Wenn es uns gelingt mehr und mehr das Videoformat mit uns zu füllen – statt uns mit Videoformaten zu füllen – kann Spannendes passieren. Kreativität, Engagement, Bereitschaft zum Experiment und sich ganz einzubringen ist dafür nötig.